Private Unfallversicherungen leisten dann, wenn ein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis vorliegt, das zu einer dauerhaften Körperschädigung (Invalidität) führt. Damit sind nach dem Verständnis der meisten Kunden und Vermittler alle Arten von Unfällen hinreichend mitversichert. Immer wieder kommt es jedoch zu Streit mit Versicherer, die einen Versicherungsfall verneinen, indem sie sich auf eine so genannte Eigenbewegung berufen.
Eine Eigenbewegung liegt etwa dann vor, wenn sich jemand beim Tennisspielen stark reckt, um einen besonders hohen Ball noch zu erreichen (LG Berlin), sich dabei verrenkt wie er einen Strauch herausziehen möchte (OLG Hamm r+s 98, 128) oder beim Fußballspielen einen Meniskusriss erleidet, da der Spieler noch im Liegen den Ball schießen möchte. Typische Beispiele sind auch das Umknicken durch den Tritt in einen Maulwurfshügel oder ein Schlagloch, das Anheben einer schweren Eichentür (OLG Frankfurt, VersR 2000, 1489 = r+s 2001, 345) wie auch eine dauerhafte Invalidität als Folge des Umknickens beim Treppensteigen (LG Köln, r+s 92, 136). In all diesen Fällen haben Gerichte entschieden, dass eine „willensgesteuerte Eigenbewegung“ die Unfallursache war. Da kein von außen einwirkendes Ereignis vorlag, wurde eine Eintrittspflicht des Unfallversicherers verneint.
Von Mörtelwannen und Motorrädern
Die Abgrenzung zwischen einem versicherten Unfall (irregulärer Verlauf) und von der Leistung ausgeschlossener Eigenbewegung (regulärer Verlauf) ist in der Praxis oft nur schwer möglich und führt immer wieder zu entsprechenden Prozessen. Zwei Beispiele sollen den entsprechenden Unterschied plastisch machen:
Zwei Männer wollen zusammen eine schwere Mörtelwanne hochheben. Dabei erleidet der Erste einen Bandscheibenvorfall. Da es sich um einen regulären Verlauf handelt und eine äußere Einwirkung fehlt, würde hier kein Versicherungsschutz vorliegen (BGH r+s 89, 166). Nun lässt der erste Mann die Wanne fallen, wodurch sich auch der Zweite verletzt. Hier liegt unzweifelhaft eine entsprechende äußere Einwirkung vor, womit der Unfallbegriff erfüllt wäre. Versicherer sprechen in diesem Zusammenhang von einem „irregulären Verlauf“.
Der Versicherungsnehmer und sein Bekannter wollen zusammen ein Motorrad hochheben. Dabei gerät dieses so aus dem Gleichgewicht, dass der Versicherungsnehmer einen Bandscheibenvorfall erleidet. Das OLG Nürnberg (r+s 01, 217) hat in so einem Fall entschieden, dass hier durch die Eigendynamik des hochgehobenen Motorrades ein äußeres Ereignis mit einem nicht beherrschten Geschehensablauf bestand und keine willensgesteuerte Eigenbewegung.
Tarifwelt der Versicherer oft uneinheitlich
Versicherungstarife, die Schutz auch bei Eigenbewegungen, also regulärem Verlauf, erbringen, haben in den vergangen zehn Jahren eine große Verbreitung gefunden, sind jedoch in älteren Verträgen meist unversichert.
Die Leistungen in diesem Zusammenhang sind jedoch keinesfalls gleich. Insgesamt den höchsten Leistungsumfang weisen die Tarife der InterRisk auf. Hier ist der Unfallbegriff wie folgt definiert:
HUK-Coburg, Tarif Classic, Stand 01.04.2020 | InterRisk, Tarif XXL (B 182), Stand 26.02.2020 |
2.2.1 Gesundheitsschäden durch eine erhöhte Kraftanstrengung oder Eigenbewegung a. Als Unfall gilt auch, wenn sich die versicherte Person durch eine erhöhte Kraftanstrengung eine der folgenden Verletzungen zuzieht: – Sie verrenkt sich an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk. – Sie zerrt oder zerreißt sich an Gliedmaßen oder Wirbelsäule Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln. Meniskus und Bandscheibe sind keine Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln. – Sie zieht sich einen Bauch- oder Unterleibsbruch zu. Eine erhöhte Kraftanstrengung ist eine Bewegung, deren Muskeleinsatz über die normalen Handlungen des täglichen Lebens hinausgeht. Maßgeblich sind dabei die individuellen körperlichen Verhältnisse der versicherten Person. b. Als Unfall gilt auch, wenn sich die versicherte Person durch eine Eigenbewegung eine in A 2.2.1 a. beschriebene Verletzung zuzieht. Schädigungen der Bandscheibe, des Meniskus und der Rotatorenmanschette sind aber nicht versichert. | 2. Erweiterter Unfallbegriff Als Unfallereignis gilt auch: a) der Eintritt von Gesundheitsschäden infolge Eigenbewegungen (diese Erweiterung gilt jedoch nicht für Verletzungen von Bandscheiben, Kopf, Lunge, Herz und Blutungen innerer Organe) Eigenbewegungen (zu § 1 Nr. 2) Zu den versicherten Eigenbewegungen (Absatz a)) zählen auch Kraftanstrengungen. Für einen Oberschenkelhalsbruch oder einen Armbruch leisten wir, ohne dass es auf die Ursache ankommt und ohne uns auf eine Verursachung durch Krankheiten nach § 2 zu berufen. Zu den nicht unter den erweiterten Versicherungsschutz für Eigenbewegungen fallenden Verletzungen des Kopfes zählen beispielsweise auch Gesundheitsschäden an Augen oder Gehirn. |
Innere Organe nicht immer klar benannt
Aus den beiden oben zitierten Bedingungswerken ist deutlich erkennbar, dass die mittlerweile standardmäßige Mitversicherung einer erhöhten Kraftanstrengung nicht mit dem Terminus „Eigenbewegung“ vermischt werden sollte, aber auch dass die Ausweisung mitversicherter Eigenbewegungen in Leistungsübersichten von Versicherern nicht immer den gleichen Umfang hat. Im Beispiel leistet etwa die InterRisk auch bei Schädigungen des Meniskus, während die HUK-Coburg an dieser Stelle keine Leistung vorsieht. Während die InterRisk ausdrücklich darauf hinweist, dass etwa Schäden am Kopf oder inneren Organen infolge von Eigenbewegungen nicht unter den Versicherungsschutz fallen, ergibt sich dies beim Wettbewerber aus dem Wortlaut der Bedingungen.
Vergleichsmaßstab für eine erhöhte Kraftanstrengung ist stets der Kraftaufwand im Vergleich zu einem normalen Bewegungsablauf, wobei ein subjektiver Maßstab anzulegen ist (siehe OLG Nürnberg NverzZ 2000, 377).
Was ist eine erhöhte Kraftanstrengung?
Eine erhöhte Kraftanstrengung setzt den erhöhten Einsatz von Muskelkraft voraus. Eine solche muss also über eine normale Bewegung beim Aufstehen, Gehen, Laufen, Heben etc. hinausgehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob zusätzlich Kraft dazu eingesetzt wird, etwas Anderes als den eigenen Körper in Bewegung zu setzen.
Dabei stellt der Begriff der erhöhten Kraftanstrengung an die individuellen Verhältnisse einer Person ab, also auf die jeweilige Körperkraft und Konstitution. Wer also täglich Joggen geht oder Tennis spielt, wird in der Regel keine erhöhte Kraftanstrengung durchführen. Wer allerdings im Rahmen eines Wettbewerbs oder Turniers besondere körperliche Anstrengungen unternimmt, um selbst oder mit seiner Mannschaft zu siegen und deshalb besonders „kämpferischen Einsatz“ um den Ball zeigt oder sich beim Hanteltraining besonders exponieren möchte, kann leicht den typischen Fall einer erhöhten Kraftanstrengung beschreiben.
Beispiele für von Gerichten bejahte erhöhte Kraftanstrengungen sind zum Beispiel:
- OLG Frankfurt OLGR 98, 239: Ruckartige Richtungsänderung beim Handballspiel
- OLG Nürnberg NVersZ 00, 376: Anspannung der Bizepssehnen beim Sportkegeln
Beispiele für von Gerichten nicht als solche anerkannte Kraftanstrengungen waren beispielsweise:
- OLG Frankfurt VersR 96, 363: Wechsel von Vorhand zur Rückhandposition beim Tennis
- LG Köln r+s 97, 365: Schlag eines Tennisspielers ins Leere (gleich hoher Kraftaufwand im Vergleich zum Schlagen eines Balles und keine Abgrenzung vom normalen Bewegungsablauf)
Erhöhte Kraftanstrengung und Eigenbewegung nicht immer unstrittig
Beispiele für von Gerichten bejahte Eigenbewegung:
- OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.12.2018 – 12 U 106/18 (LG Karlsruhe), BeckRS 2018, 38404: durch Eigenbewegung verursachte Meniskusverletzung
Beispiel für von Gerichten nicht anerkannte Eigenbewegung:
- OLG Saarbrücken, Urteil vom 03.07.2013 – 5 U 69/12: Unfall bei reflexhafter Eigenbewegung, bei dem die willentlich gesteuerte Eigenbewegung von außen gestört und daher nicht mehr beabsichtigungsgemäß erfolgen konnte
Weitere Urteile zum Thema Eigenbewegungen seien hier beispielhaft benannt:
- OLG DüsseldorfVersR 99, 880 = r+s 99, 296: VN knickt beim Aussteigen aus dem Auto mit dem Fuß um
- BGH r+s 89, 166: Anheben einer Mörtelwanne
- OLG Hamm r+s 87,56: Anziehen einer bereits festgestellten Bremse
- OLG Frankfurt r+s 91, 391: Stemmen gegen eine kippende Wand
- LG Karlsruhe VersR 88, 242: Anheben eines Baumstamms
- LG Frankfurt r+s 91, 286: Heben eines Gegenstands
- AG Stuttgart VersR 84, 841: Halten einer Leiter
- OLG Frankfurt r+s 01, 345: Anheben einer 1 – 1 ½ Zentner schweren Tür
- LG Düsseldorf r+s 99, 169: VN bleibt mit dem rechten Fuß an einer Unebenheit des Tennisplatzes hängen (fragliche Entscheidung)
- LG Berlin R+S 90, 431: Tennisspieler streckt sich, um hoch ankommenden Ball zurückzuschlagen
Versicherter Unfall bei äußerer Einwirkung?
Eine Eigenbewegung lag in diesen genannten Fällen aber sehr wohl vor, nur eben keine erhöhte Kraftanstrengung. Die Abgrenzung zwischen Eigenbewegung und äußerer Einwirkung ist in der Unfallversicherung produktimmanent. Ist eine Handlung für den Versicherten nicht mehr beherrschbar, da sie eine Eigendynamik entfaltet (z.B. willensgesteuertes Laufen auf dem Eis, dann aber Ausrutschen wegen Eisglätte), so liegt regelmäßig eine Einwirkung von außen vor, so dass sich die normale Unfalldefinition verwirklicht. Dies gilt beispielsweise auch dann, wenn eine Bodenunebenheit zum Umknicken beim Fußball führt und es dadurch zu einem Fußwurzelausriss am Knochen und einer anschließenden Thrombose führt (siehe z.B. OLG Hamm, Urteil vom 15.08.2007, Az. 20 U 05/07).
Zu beachten ist, dass auch bei nachgewiesener und ausdrücklich mitversicherter Eigenbewegung nicht selten zusätzlich eine Anrechnung der Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen geprüft wird. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit einer Eintrittspflicht für Versicherer, die sowohl Eigenbewegungen als auch einen stark verbesserten Mitwirkungsanteil aufweisen. Ein wirklich guter Tarif mit Leistungen bei Eigenschäden sollte demnach auch über einen deutlich erhöhten Mitwirkungsanteil verfügen.
Altersbedingter Verschleiß bewirkt oft Mitwirkungsanteil
Gerade bei sportlicher Betätigung könne oft erhebliche Kräfte auf Bänder und Sehnen einwirken. Hinzu kommen oft unphysiologische Bewegungen, so dass die Sehnen und Bänder unter „Stress“ geraten und ruptieren. Auch wenn hier in der Regel von einer Mitwirkung von Degenerationen ausgegangen werden kann, liegt der Unterschied zur Eigenbewegung klar auf der Hand. Während bei einer Eigenbewegung die Vorschädigung sehr massiv sein muss, reicht bei einer Kraftanstrengung häufig bereits ein geringgradiger Verschleiß zur Beschädigung der Bandstrukturen. Die versicherte Person wird also in den Genuss einer – ggf. gekürzten – Leistung kommen. Gerade bei Unfällen infolge einer willentlichen Eigenbewegungen komme es nach Brancheninsidern oft zu einem anrechenbaren Vorschaden im Bereich von über 90 Prozent. Da die meisten Tarife ab einer Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen von 25 Prozent bis 50 Prozent eine Kürzung vorsehen, werden viele Kunden im Schadenfall von einer unerwarteten Kürzung überrascht.
Ein weiterer Risikofaktor, der eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf Unfälle durch Eigenbewegungen bedingt ist eine mangelnde körperliche Ertüchtigung. Untrainierte Menschen erleiden daher häufiger eine aus Eigenbewegungen resultierende Invalidität als dies bei aktiven Sportlern der Fall wäre. Gerade bei mangelnder Bewegung kommt es schneller zu einer Degeneration von Sehnen und Bändern.
Besonders leistungsstarke Unfalltarife sollten mindestens Bauch- und Unterleibsbrüche als auch Meniskusschädigungen infolge von Eigenbewegungen mitversichern. Rating zur Unfallversicherung siehe hier.
Nachweispflicht zu Unfällen
In einem früheren Interview mit dem Autor äußerte sich Rechtsanwalt Dirk Schwane aus Gelsenkirchen zur Nachweispflicht bei Unfälle wie folgt:
„Der VN muss ein Unfallereignis, also z.B. einen Sturz (Aufprall = von außen wirkendes Ereignis) nachweisen. Dagegen braucht er nicht die Ursachen und den Verlauf des Unfalls zu beweisen, insbesondere nicht Beweis dafür zu erbringen, dass bestimmte Ausschlüsse (Trunkenheit) nicht vorliegen (OLG Köln r+s 89, 415). (Dass durch den Sturz z.B. ein Beinbruch verursacht worden ist, muss VN beweisen (OLG Köln VersR 96, 620).
So gibt es nach LG Heidelberg r+s 95, 356 keinen Anscheinsbeweis dahingehend, dass jemand der auf dem Boden liegende aufgefunden wird aufgrund eines Sturzes zu Boden gegangen ist. Bleibt offen, ob der Versicherte über eine Teppichkante gestolpert ist oder ob der Tod nach einem akuten Krankheitsereignis eingetreten ist, so ist ein unfallbedingter Tod nicht nachgewiesen.
Nachweis der Kausalität zwischen Unfall und Gesundheitsschädigung
Problematisch aus Sicht des VN sind hier Fälle, in denen die Gesundheitsschädigung entweder Folge oder Ursache eines Unfalls sein kann. Dies verdeutlichen die nachfolgenden Entscheidungen:
OLG Köln VersR 96, 620:
Die mangelnde Aufklärbarkeit, ob ein Gesundheitsschaden (Hirnblutung) Folge oder Ursache eines Sturzes (= von außen einwirkendes Ereignis) ist, geht zu Lasten des VN. Der VN muss also beweisen, dass die Hirnblutung durch den Sturz (Aufprall mit dem Kopf auf einer Treppenstufe) ausgelöst worden ist.
OLG Karlsruhe r+s 97, 85:
Der VN war mit seinem Motorrad ungebremst auf einen bis zur Straßenmitte herausragenden LKW aufgefahren und seinen Verletzungen erlegen. Es lässt sich nun nicht aufklären, ob der Tod auf den Zusammenprall mit dem LKW oder ein Herzversagen zurückzuführen ist. Die klagende Ehefrau trägt die Beweislast dafür, dass das Unfallereignis für den Tod kausal war. Dieser Nachweis ist aber nicht erbracht, wenn ungeklärt ist, ob der Tod des VM nach einem ungebremsten Auffahren mit dem Mofa auf einen ordnungsgemäß abgestellten LKW auf einen Sturz mit dem Mofa oder auf Herzversagen zurückzuführen ist, so geht dies zu Lasten des insofern beweispflichtigen VN.
OLG Köln r+s 93, 157:
Dass der Versicherte tot in einem Bachbett aufgefunden wurde, reicht allein nicht für die Annahme eines Unfallgeschehens aus, wenn vieles dafür spricht, dass der Sturz erst nach einem Infarkt erfolgt ist.
LG Neubrandenburg r+s 98, 304:
Ebenso bleibt ungeklärt, ob das Ertrinken eines Schwimmers in einem Teich, in dem ein Erwachsener stehen konnte, auf Erschöpfung oder auf einen Sekundentod (inneres Körperversagen) zurückzuführen ist, so ist der Unfall nicht nachgewiesen.
LG Hamburg r+s 97, 393:
Eine Platzwunde am Kopf – ohne dass weitere Verletzungen erkennbar sind – lässt noch nicht darauf schließen, dass der VN vom Rad gestürzt ist. Bleibt ungeklärt, ob der VN nach einem Herzinfarkt zusammengesackt ist oder ob der Sturz das Herzversagen ausgelöst hat, so geht dies zu Lasten des VN.
Nachweis der Kausalität zwischen erster Gesundheitsschädigung und Invalidität (haftungsausfüllende Kausalität)
Der Versicherungsfall des Unfalls führt nur dann zu Ansprüchen des VN, wenn zusätzliche Umstände, vor allem Invalidität, als adäquate Folge des Unfallereignisses und der ersten Gesundheitsschädigung hinzukommen. Mitursächlichkeit des Versicherungsfalles reicht aus. Das folgt aus der Tatsache, dass bei Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen, also unfallfremden Faktoren, kein Ausschluss, sondern eine Anspruchsminderung vorgesehen ist.
Auch für das Vorliegen der sog. Haftungsausfüllenden Kausalität ist der VN beweispflichtig.
Es reicht aber aus, wenn eine deutlich überwiegend, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit bezüglich der Kausalität zwischen Unfallereignis und Invalidität gegeben ist (BGH r+s 92, 430). Obwohl also bei der haftungsausfüllenden Kausalität kein Vollbeweis (wie für das Vorliegen des Unfalls) verlangt wird, muss trotzdem bei mehreren Möglichkeiten die Ursächlichkeit des Unfalls für die Invalidität eindeutig die wahrscheinlichere Möglichkeit sein:
OLG Hamm r+s 2000, 216:
Der VN erleidet bei einem Sturz vom Fahrrad eine Prellung an seinem Geschlechtsteil (Einwirkung von außen führt zu Gesundheitsschädigung = haftungsbegründende Kausalität). VN macht geltend, hierdurch wiederum sei eine Penisverkrümmung eingetreten (durch Unfall erlittene Gesundheitsschädigung – Prellung – muss zur Invalidität führen – haftungsausfüllende Kausalität).
BGH r+s 97, 84:
VN erleidet Gesichtsverletzungen. Ob sich hieraus ein Gehörschaden entwickelt hat, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität.
OLG Koblenz r+2 2002, 172:
VN ist der Meinung, Kopfschmerzen seien auf eine unfallbedingte Gehirnerschütterung zurückzuführen – obwohl der Unfall schon mehr als 6 Monate zurücklag. Der Sachverständige sah dies als „möglich“ an. Die bloße Möglichkeit eines unfallbedingten Ursachenzusammenhangs genügt im Rahmen des § 287 ZPO noch nicht als Beweis. Es muss zumindest eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Unfallbedingtheit der Kopfschmerzen angenommen werden als andere Ursachen.
Hat aber z.B. der Versicherte ein Schleudertrauma erlitten, das normalerweise folgenlos ausheilt und haben bis zum Unfall beschwerdefreie degenerative Veränderungen die Beschwerden ausgelöst, so ist der Unfall lediglich Auslöser (Gelegenheitsursache). Ein Ursachenzusammenhang im rechtlichen Sinn zwischen dem Unfall und dem Dauerschaden besteht nicht (OLG Düsseldorf r+s 97, 129).“