Sach­ver­si­che­rung: All­ge­fah­ren­de­ckung mit erheb­li­chen Unterschieden

Tari­fe, die auch unbe­nann­te Gefah­ren ver­si­chern, sind auf dem Vormarsch.

Mit­un­ter wird zwi­schen einer Mit­ver­si­che­rung auch unbe­nann­ter Gefah­ren und einer All­ge­fah­ren­de­ckung unter­schie­den. Tat­säch­lich bedeu­ten bei­de Benen­nun­gen kei­nen rele­van­ten Unter­schied. Wer­den unbe­nann­te Gefah­ren grund­sätz­lich oder gegen Zuschlag mit­ver­si­chert, so erwei­tert dies nur die bereits benann­ten Gefah­ren. Man könn­te also von einer „unech­ten All­ge­fah­ren­de­ckung“ spre­chen. Inso­fern gibt es also nur All­ge­fah­ren­de­ckun­gen (All­Risk) ohne Benen­nung kon­kre­ter Gefah­ren, Tari­fe mit abschlie­ßend benann­ten Gefah­ren sowie sol­che, bei denen ein Teil der Gefah­ren benannt und ein Teil der Gefah­ren unbe­nannt sind. Wer­den unbe­nann­te Gefah­ren ver­si­chert, so schließt dies unbe­kann­te Gefah­ren mit ein.

© 2020 Cri­ti­cal News – Auf der Suche nach unbe­nann­ten Schäden

Allen All­ge­fah­ren­de­ckun­gen gemein ist, dass es für bestimm­te Gefah­ren Aus­schlüs­se gibt. Die­se wer­den anbie­ter­ab­hän­gig jedoch sehr unter­schied­lich defi­niert. Nicht immer ist auf den ers­ten Blick ver­ständ­lich, was tat­säch­lich mit­ver­si­chert ist und was als aus­ge­schlos­sen gel­ten soll bzw. tat­säch­lich aus­ge­schlos­sen ist.

Defi­ni­ti­on einer ver­si­cher­ten Gefahr uneinheitlich

Regel­mä­ßig gilt, dass eine unbe­nann­te Gefahr eine sol­che sein soll, die

  • unvor­her­ge­se­hen eintritt,
  • vom Ver­si­che­rungs­neh­mer oder sei­nem Reprä­sen­tan­ten nicht recht­zei­tig vor­her­ge­se­hen wurden,
  • vom Ver­si­che­rungs­neh­mer oder sei­nem Reprä­sen­tan­ten nicht hät­ten recht­zei­tig vor­her­ge­se­hen wer­den können,
  • vom Ver­si­che­rungs­neh­mer oder sei­nem Reprä­sen­tan­ten mit der im Ver­kehr erfor­der­li­chen Sorg­falt nicht recht­zei­tig vor­her­ge­se­hen wer­den konnten,
  • vom Ver­si­che­rungs­neh­mer oder sei­nem Reprä­sen­tan­ten mit dem für die im Betrieb aus­ge­üb­te Tätig­keit erfor­der­li­chen Fach­wis­sen vor­her­ge­se­hen wer­den könnten,

Dabei gilt:

  • es scha­den nur Vor­satz bzw. die vor­sätz­li­che Her­bei­füh­rung ist ausgeschlossen,
  • es scha­det auch gro­be Fahr­läs­sig­keit – je nach Anbie­ter Kür­zungs­recht auch bei grob fahr­läs­si­ger Her­bei­füh­rung des Versicherungsfalles

Beweis­last­um­kehr in der Regel nicht klargestellt

Pro­ble­ma­tisch ist, dass im Zwei­fel der Ver­si­che­rungs­neh­mer nach­weis­pflich­tig ist, dass er einen kon­kre­ten Scha­den tat­säch­lich nicht vor­her­se­hen konn­te. Solan­ge es kei­ne Beweis­last­um­kehr zu Las­ten des Ver­si­che­rers gibt, ist eine sol­che Anfor­de­rung zumin­dest streitanfällig.

Zu beach­ten ist, dass eine All­ge­fah­ren­ver­si­che­rung nicht bedeu­tet, dass auch alle Sachen oder alle Kos­ten ver­si­chert wären.

In der Pra­xis fällt es Ver­mitt­lern oft schwer, ihren Kun­den kon­kre­te Bei­spie­le für den Mehr­wert einer All­ge­fah­ren­de­ckung zu benen­nen. Hier­für möch­ten wir dem Han­no­ver­schen Asse­ku­ra­deur Kon­zept & Mar­ke­ting für eini­ge kon­kre­te Bei­spie­le aus der eige­nen Scha­den­pra­xis danken. 

Scha­den­bei­spiel 1: Flach­dach Wasserschaden

Nach einem Unwet­ter mit Stark­re­gen hat­te sich auf dem ober­halb des Ein­gangs­be­rei­ches lie­gen­den Flach­dach Nie­der­schlags­was­ser ange­staut, nach­dem das Ent­wäs­se­rungs­rohr über­las­tet war (kein Rück­stau). Die­ses drück­te sich im wei­te­ren Ver­lauf über die Ober­kan­te der Bitu­men­ab­dich­tung (intakt) und drang so in das Gebäu­de­inne­re. Im Ein­gangs­be­reich, im Trep­pen­haus, in den Flu­ren im Erd­ge­schoss und im Unter­ge­schoss sind Feuch­tig­keits­schä­den eingetreten.

Ein ver­gleich­ba­rer Scha­den führ­te bei einem Ver­si­che­rer ohne All­ge­fah­ren­de­ckung zu einem Gerichts­ur­teil zu Las­ten des ent­spre­chen­den Kun­den, dass der Scha­den nicht als erwei­ter­ter Ele­men­tar­scha­den ver­si­chert sei. Sie­he Gerichts­ur­teil: https://​open​jur​.de/​u​/​2​1​9​6​7​8​7​.​h​tml

„Das Anstau­en von Was­ser auf dem obers­ten Bal­kon eines Gebäu­des infol­ge außer­ge­wöhn­li­chen Stark­re­gens und des­sen Ein­drin­gen in das Gebäu­de über die Bal­kon­tür­schwel­le stellt auch dann kei­nen Rück­stau im Sin­ne von § 4 der ver­ein­bar­ten Gebäu­de­ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen dar, wenn das Was­ser infol­ge Über­las­tung des Bal­kon­ent­wäs­se­rungs­sys­tems nicht über die­ses abflie­ßen kann.

Denn ein Rück­stau setzt vor­aus, dass Was­ser aus dem Rohr­sys­tem des ver­si­cher­ten Gebäu­des aus­tritt; dar­an fehlt es, wenn es schon nicht ein­tre­ten kann.

Auch bei einer Zusatz­ver­si­che­rung gegen Ele­men­tar­schä­den kann der durch­schnitt­lich ver­stän­di­ge Ver­si­che­rungs­neh­mer bei Gebäu­de­schä­den infol­ge Stark­re­gens nur erwar­ten, dass bestimm­te in den Bedin­gun­gen defi­nier­te Risi­ken – wie Rück­stau und Über­schwem­mung – gedeckt sind.“

Da hier kein Rück­stau nach Defi­ni­ti­on der Ele­men­tar­ver­si­che­rung vor­liegt, ist die­ser Scha­den über die All­ge­fah­ren­de­ckung abgesichert.

Scha­den­bei­spiel 2: Was­ser­stau im Licht­schacht (Stark­re­gen)

Durch Nie­der­schlä­ge sam­mel­te sich Was­ser im Licht­schacht (kei­ne Über­schwem­mung des Grund­stü­ckes). Auf­grund des ver­stopf­ten Abflus­ses im Licht­schacht drück­te sich das Was­ser anschlie­ßend durch das Kel­ler­fens­ter sowie das Mau­er­werk (bei­des intakt) nach innen. Der Feuch­tig­keits­scha­den wur­de von K&M mit ins­ge­samt 11.000 Euro erstattet.

Ein ver­gleich­ba­rer Scha­den führ­te bei einem Ver­si­che­rer ohne All­ge­fah­ren­de­ckung zu einem Gerichts­ur­teil zu Las­ten des ent­spre­chen­den Kun­den, dass der Scha­den nicht als erwei­ter­ter Ele­men­tar­scha­den ver­si­chert sei. Sie­he Gerichts­ur­teil des OLG München.

Wohngebäude­versicherung für Was­ser­scha­den im Haus nicht einstandspflichtig

Kommt es zu einem Was­ser­scha­den in einem Haus, weil sich auf einer mit einer Mau­er umge­be­nen Ter­ras­se Regen­was­ser anstaut, so haf­tet dafür nicht die Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Denn in einem sol­chen Fall liegt kei­ne Über­schwem­mung im Sin­ne der Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen vor. Dies hat das Ober­lan­des­ge­richt Mün­chen entschieden.

© 2020 Cri­ti­cal News – Auf Schadensuche

Dem Fall lag fol­gen­der Sach­ver­halt zugrun­de: Auf­grund hef­ti­gen Nie­der­schlags stau­te sich auf der Ter­ras­se eines Feri­en­hau­ses Was­ser an. Da die Ter­ras­se von einer Mau­er umge­ben war, konn­te das Regen­was­ser nicht abflie­ßen. Es drang daher in das Unter­ge­schoss des Hau­ses ein und ver­ur­sach­te dort einen Was­ser­scha­den. Der Eigen­tü­mer des Feri­en­hau­ses bean­spruch­te auf­grund des­sen sei­ne Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Er sah in dem Was­ser­scha­den den Ver­si­che­rungs­fall „Über­schwem­mung“ gege­ben. Die Ver­si­che­rung sah dies aber anders. Der Haus­ei­gen­tü­mer muss­te daher Kla­ge erheben.

Das Land­ge­richt Kemp­ten wies die Kla­ge ab. Es sah eine Über­schwem­mung im Sin­ne der Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen als nicht gege­ben. Das ange­stau­te Regen­was­ser habe gera­de nicht durch die Über­flu­tung des Grund­stücks abflie­ßen kön­nen, so das Gericht, son­dern durch die bau­li­che Gege­ben­heit. Gegen die­se Ent­schei­dung leg­te der Klä­ger Beru­fung ein.

Das Ober­lan­des­ge­richt Mün­chen bestä­tig­te die Ent­schei­dung des Land­ge­richts und wies daher die Beru­fung des Klä­gers zurück. Ein Anspruch auf Ver­si­che­rungs­schutz bestehe nicht. Eine Über­schwem­mung im Sin­ne der Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen habe nicht vor­ge­le­gen, da die bau­li­che Beschaf­fen­heit der Ter­ras­se für das man­geln­de Abflie­ßen und das Ein­drin­gen von Was­ser in das Unter­ge­schoss des Gebäu­des ursäch­lich gewe­sen sei­en. Nach gefes­tig­ter Recht­spre­chung lie­ge kei­ne Über­schwem­mung vor, wenn man­geln­de Ent­wäs­se­rung von Flach­dä­chern, Ter­ras­sen oder Bal­ko­nen zur Anstau­ung von Was­ser­mas­sen füh­re, also kei­ne Über­flu­tung des Grund­stücks für die Beein­träch­ti­gung des Abflus­ses ursäch­lich sei.

Scha­den­bei­spiel 3: Fol­ge­scha­den Glasbruch

In der Nacht ist die Schei­be, ohne mensch­li­ches Zutun und aus uner­klär­li­chen Grün­den gesprun­gen. Beschä­digt wur­den die Schei­be, das Lami­nat und die Türzarge.

© 2020 Cri­ti­cal News – Scher­ben brin­gen Glück

Das Glas sel­ber ist über eine Glas­ver­si­che­rung abge­si­chert, der Fol­ge­scha­den, wie in die­sem Bei­spiel, ist nicht dar­über ver­si­chert. Über die All­ge­fah­ren­de­ckung wird der Fol­ge­scha­den des Bruchs, also das beschä­dig­te Lami­nat sowie die beschä­dig­te Zar­ge von K&M mit ins­ge­samt 1437,10 Euro erstattet.

Scha­den­bei­spiel 4: Sturz Küchenschrank

Als die Kun­din am Mor­gen in die Küche kam, sah Sie, dass sich der Küchen­schrank von der Wand gelöst hat­te. Es wur­den meh­re­re Küchen­uten­si­li­en, Geschirr, Tas­sen, Wein­glä­ser sowie ein Unter­bau­kü­chen­ra­dio beschädigt.

Die Mon­ta­ge der Küche erfolg­te 2014, sodass ein Feh­ler bei der Mon­ta­ge aus­ge­schlos­sen wer­den konn­te. Auch eine ver­si­cher­te Gefahr wie Feu­er, Lei­tungs­was­ser, Sturm und Hagel, Ein­bruch­dieb­stahl oder auch mensch­li­ches Dazu­tun konn­ten aus­ge­schlos­sen werden.

Da über die All­ge­fah­ren­de­ckung noch nicht bekann­te bzw. nicht ein­ge­tre­te­ne Gefah­ren mit­ver­si­chert sind und hier kein Aus­schluss bezüg­lich Fal­lens und Zer­bre­chens greift, erhält die Kun­din hier­über Versicherungsschutz.

Ein­zel­rech­nun­gen der Gegen­stän­de waren nicht vor­han­den, sodass auf Basis einer Auf­stel­lung eine pau­scha­le Ent­schä­di­gungs­leis­tung ver­ein­bart wur­de. Der Haus­rat­scha­den wur­de von K&M mit ins­ge­samt 850,- Euro erstattet.

Feh­len­der Ver­si­che­rungs­schutz in her­kömm­li­cher Hausratversicherung

Bei einem ande­ren Ver­si­che­rer ohne Ein­schluss unbe­nann­ter Gefah­ren ereig­ne­te sich fol­gen­der Schaden:

Auf­grund eines Sturms, ein­her­ge­hend mit star­kem Regen, sam­mel­te sich Regen­was­ser, das sich im Gar­ten gesam­melt hat­te, im Ein­gangs­be­reich der Hin­ter­tür und wur­de anschlie­ßend unter die geschlos­se­ne Tür ins Haus durchgedrückt.

Im Rah­men der Scha­den­be­sich­ti­gung stell­te sich her­aus, dass Regen­was­ser an der Haus­wand her­un­ter­ge­lau­fen war und sich in den Rabat­ten am Gar­ten gesam­melt hat­te und dann in den Hin­ter­ein­gangs­be­reich lief.

Es ent­stan­den Schä­den an ver­si­cher­tem Haus­rat in Höhe von 2.500 Euro.

Eine Über­schwem­mung im Sin­ne der Bedin­gun­gen lag nicht vor. Auch wenn eine Über­schwem­mung des Grund und Bodens (der Rasen­flä­che) vor­ge­le­gen hät­te, wäre die­se nicht ursäch­lich für den Scha­den gewe­sen, denn die Rasen­flä­che war nicht abschüs­sig in Rich­tung des Hin­ter­ein­gangs, son­dern in Rich­tung der Grundstücksgrenze.

Im Rah­men der All­ge­fah­ren­de­ckun­gen der Tari­fe all­safe home 2.0 bzw. all­safe casa von bei­spiels­wei­se Kon­zept & Mar­ke­ting hät­te an die­ser Stel­le Ver­si­che­rungs­schutz bestan­den, da es sich bei dem beschrie­be­nen Scha­den zwar nicht um eine Rea­li­sie­rung der erwei­ter­ten Ele­men­tar­ge­fahr Über­schwem­mung han­del­te, mit­hin also um eine nicht aus­ge­schlos­se­ne unbe­nann­te Gefahr. Hät­te der Kun­de bei­spiels­wei­se den Tarif all­safe casa abge­schlos­sen, wür­de er nicht nur Ver­si­che­rungs­schutz genie­ßen, son­dern dies zudem auch noch ohne Selbst­be­halt anstatt mit Selbst­be­halt für ver­si­cher­te erwei­ter­te Elementargefahren.

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